Franz Häfelin und die Brettacher Ortschronik
Die im Gemeindearchiv gelagerte fünfbändige Chronik aus dem 19. Jahrhundert hat für die Erkundung der Brettacher Geschichte eine zentrale Bedeutung. Franz Häfelin (25.7.1785 – 21.1.1868) gilt als der Chronist der vorzugsweise ortsgeschichtlichen Ereignisse seines Jahrhunderts. Darüber hinaus hat er – gewiss in mühsamer Detail-Arbeit – auch versucht, überregionale politische Informationen aus den vorausgehenden Jahrhunderten zusammenzutragen und festzuhalten. Wesentliche Inhalte der Chronik haben in die Beschreibung des Oberamts Neckarsulm (1888) Eingang gefunden.
Der erste der fünf schwergewichtigen Bände trägt den Titel „Statistik und Topographie des Markt Flekkens Brettach betreffend seine Zustände und Verhältnisse inn und ausserhalb seiner Markung“.
In diesem Band stellt Häfelin nach einer längeren Einleitung den Ort im Detail vor. Er berichtet über die Lage des Orts, seine Größe, die Grenzen, das Klima, die Straßen, Gewässer, Brunnen, Brücken, beschreibt die wichtigsten Gebäude. Darüber hinaus werden alle Gebäude des Orts mit ihren Besitzern auf der Grundlage eines Ortslageplans von 1834 aufgeführt und die jeweiligen Brandversicherungsanschläge der Häuser, Scheunen und Stallungen genannt. Es folgt eine Zusammenstellung der Namen aller „Aktivbürger“ und „Aktivbürgerinnen“ des Dorfs (etwa um 1850), eine ausführliche Darstellung der Bodenerzeugnisse, des Wein- und Obstbaus sowie der Viehzucht.
In den folgenden Bänden werden Ereignisse in chronologischer Form notiert. Häfelin beginnt im zweiten Band mit dem Jahr 1 (n. Chr.) und beschreibt für jedes Jahr, sofern ihm Informationen vorliegen, die ihm wichtigen Ereignisse aus den Bereichen Witterung, Gedeihen der Früchte und des Weinstocks, zum Teil auch mit Ernteerträgen und Preisen, bedeutsame Geschehnisse im Ort, wie z. B. den Bau der Mühle, des Schulhauses, des Rathauses usw., nennt die Namen tödlich verunglück-ter Einwohner und schildert auch kurz das zum Tod führende Ereignis. Kriegerische Vorkommnisse regionaler und überregionaler Art werden aufgeführt, ebenso für die damalige Bevölkerung wichtige Gedenktage, ferner Hungersnöte, das Auftreten der Pest, Maßnahmen zu Bekämpfung des Unge-ziefers und auffallende Himmelserscheinungen. Wichtige Verträge der Gemeinde, etwa der Verkauf des „Kiefertals“ an den Fürsten im Jahr 1654, werden vollständig dokumentiert. Verständlicherweise bleiben gerade im ersten Jahrtausend viele Lücken. Nicht für jedes einzelne Jahr konnten bedeut-same historische Vorkommnisse recherchiert werden. Auch zuverlässige Wetteraufzeichnungen, Ernteerträge und Preise sind aus dieser Zeit naturgemäß kaum zu finden. Nach dem Tod von Franz Häfelin wurden die Aufzeichnungen von seinen Nachfolgern nur noch recht lückenhaft bis in das Jahr 1914 fortgesetzt.
Man kann davon ausgehen, dass die Eintragungen zu Ereignissen, die zu Lebzeiten von Häfelin geschahen, mit Einschränkungen zuverlässig sind, da er sich einerseits als Ratsschreiber und Schultheiß in den Gemeindedokumenten auskannte, andererseits gewiss auch rege Kontakte zu Nachbar-orten pflegte, um von dort an Informationen zu kommen. Leider gibt Häfelin nur ganz selten Quellen seiner Notizen an. Auch überregionale Ereignisse werden selten belegt, sind aber meist zutreffend.
In den Jahren ab etwa 1897 werden immer wieder datierte Zeitungsausschnitte in die Chronik eingeklebt, die Ereignisse im Zusammenhang mit dem Ort darstellen oder aber von überregionaler Bedeutung sind. Der Mangel an Quellen wiegt bei den historisch bedeutsamen Vorkommnissen nicht allzu schwer, da man heute über vielfältige anderweitige Belege zur Kontrolle der Daten verfügt. Angaben aus dem Ort selbst können jedoch wegen erheblicher Lücken im Gemeindearchiv, vor allem wegen Brandschäden und der Zerstörung von Akten im Laufe des Zweiten Weltkriegs, leider kaum noch überprüft werden.
Zur Erleichterung der Lektüre für den heutigen Leser wurde die Chronik in den Jahren 2015 und 2016 vollständig transkribiert und durch zwei Kommentarbände ergänzt.
Ursula und Heinz Peisch
Band 1
Statistik und Topographie des Markt Flekkens Brettach betreffend seine Zustände und Verhältnisse inn und ausserhalb seiner Markung
Im ersten Band derHäfelin-Chronik, Archiv Brettach B 308, werden im Wesentlichen Informationen über den Ort Brettach, seine Einrichtungen und seine Bewohner mitgeteilt. Hier folgen einige Beispiele, gewissermaßen als „Appetithappen“, die zu ausführlicher Lektüre der Chronik anregen mögen.